Mit dem Begriff Sekretärin verbinden wir spontan eine Menge von Klischees: Übervolle Terminkalender, Zeitdruck und überquellende Schreibtische, aber auch - politische Korrektheit hin oder her - Nagellack, Lippenstift, Miniröcke und Stöckelschuhe. In diesem Sinne bekennt sich dieser kleine Bildband zur politischen Unkorrektheit. Die hier dargestellten Sekretärinnen tragen meist Businessoutfits die nicht wirklich businesstauglich sind und sie scheinen auch nicht allzu sehr am harten Arbeitsalltag interessiert zu sein. Dazu kommt, dass die visualisierten Interaktionen mit Kolleginnen oder Vorgesetzten wohl kaum den modernen und meist ziemlich trockenen Büroalltag reflektiert. Da es sich hier aber nicht um eine Dokumentation aus dem realen Arbeitsleben, sondern um eine augenzwinkernde Hommage an eine oft unterschätzte Berufsgruppe handelt, sei das dem Autor verziehen. Die Fotos dieser Serie verstehen sich aber nicht nur als eine Hommage an die Sekretärin als solche, sondern insbesondere auch in die eine ganz spezielle, die im Film „Secretary“ ihr Leben in fantastisch chaotischer und liebevoller Weise zu meistern versucht (Secretary, USA, 2002, Regie Steven Shainberg). Die Geschichte erzählt von einer wunderbaren Liebe die sich gegen viele innere und äußere Widerstände durchsetzt und die eben auch mal weh tut, nicht nur seelisch. Striemen als Liebeserklärung sind sicher nicht jedermanns (oder „jederfraus“) Sache, aber wo steht geschrieben, dass Liebe für alle nach den gleichen Regeln funktionieren muss? Wichtig ist doch nur, dass sie funktioniert! Und wie nicht erst der enorme Erfolg von „50 Shades of Grey“ zeigt können sich anscheinend doch etliche Menschen vorstellen, dass das Glück auch aus der Intensität des Schmerzes und aus tief empfundener Unterwerfung entspringen kann. Im realen Leben sind Sekretärinnen täglich mit stressigen Chefs, intriganten Kolleginnen und steigendem Arbeitsdruck konfrontiert. Sie machen ihre Arbeit meist im Schatten anderer, sie finden selten die Anerkennung die sie verdienen und nicht zuletzt müssen sie sich auch noch mit all den Klischees herumschlagen, wie sie in den Bildern dieses Buches zum Ausdruck kommen. Als kleine Entschädigungen sei ihnen daher dieser Bildband gewidmet.
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